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Chizuko Uchida (geb. 1922)

Für die ehemalige Krankenschwester Chizuko Uchida bedeutete der 6. August 1945 einen radikalen Einschnitt in ihrem Leben. Unter dem japanischen Militärregime hatte sie in ihrer Ausbildung gelernt, dass die Tätigkeit als Rotkreuzkrankenschwester grosse Schönheit in sich berge. Das Säubern und Pflegen der Wunden von verletzten Soldaten wurde in propagandistischen Liedern als ästhetische Handlungen verklärt. Doch als die junge Frau sich mit der Realität nach dem Abwurf der Atombombe in Hiroshima konfrontiert sah, empfand sie nur Ekel und Abscheu. Sie war direkt in der Hölle gelandet, und diese Erfahrung prägte sie ihr Leben lang.

Chizuko Uchida

Chizuko Uchida verlässt sich nicht mehr auf den Staat, sondern auf die Kraft des einzelnen Bürgers. Während sie als junge Frau noch an die Parolen der Regierung und des Militärs geglaubt hat, hat sich dies durch ihre Erfahrungen als Krankenschwester inmitten der Trümmer von Hiroshima geändert: “Ich wurde sehr kritisch gegenüber der Politik.”

Nach dem Krieg wurde Uchida Anhängerin der berühmten feministischen Schriftstellerin Tomoe Yamashiro, die durch ihre sozialkritischen Romane in Japan zu Berühmtheit gelangt war. Von Yamashiro habe sie gelernt, “dass es in Japan immer wieder Krieg geben wird, wenn die Frauen immer nur ja sagen zu allem, was die Männer tun”. Yamashiro habe ihr eingebläut, dass es eine enorm wichtige Aufgabe der Frauen sei, ihre Meinung zu äussern, und zwar am besten durch literarische oder künstlerische Werke. Dies hat sich Uchida sehr zu Herzen genommen. In der Folge begann sie, ihre Erinnerungen an Hiroshima niederzuschreiben und mit Vorträgen an die Öffentlichkeit zu gehen.

Uchida ist der festen Überzeugung, dass es sich lohnt, lokal und im Kleinen etwas für die Opfer von Kriegen und Katastrophen zu tun. Sie versucht dies auch als Mitglied des Junod-Vereins, der sich seit Jahren für die Strahlenopfer von Tschernobyl und nun für diejenigen von Fukushima einsetzt. Und sie weiss, worum es dabei geht, hat sie doch selbst jahrelang mit den Auswirkungen ihrer eigenen Verstrahlung hart zu kämpfen gehabt. Sie litt an Blutarmut, Fieberschüben, Schwellungen und Atemnot. Knochengeschwüre führten zeitweise dazu, dass sie nicht mehr gehen konnte. Vor etwa zehn Jahren fasste sie den Entschluss, die Gifte aus ihrem Körper “herauszuschwitzen”. Sie begann, hart auf dem Feld zu arbeiten und zu schwitzen, so viel sie konnte. Mit der Zeit normalisierten sich ihre Blutwerte, und es ging ihr besser und besser. Auch heute noch fährt sie zweimal die Woche mit ihrem Elektromobil zu einem abgelegenen Feld, wo sie verschiedene Gemüsesorten und Weizen anbaut, aus dem sie ihr eigenes Brot backt.

Chizuko Uchida