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Hitoshi Kai

Hitoshi Kai

Hitoshi Kai, den Vorsitzenden des Junod-Vereins, habe ich durch Chizuko Uchida kennengelernt. Ursprünglich wollte er Tropenmediziner werden, doch er musste sein Studium im letzten Jahr abbrechen, da sein Elternhaus niederbrannte. Danach habe er es nicht mehr zurück an die Universität geschafft, da der Vietnamkrieg und später Tschernobyl ihn sehr beschäftigten und er in der Praxis etwas für die Opfer tun wollte. Also verdiente er sich seinen Lebensunterhalt als Nachhilfelehrer für Mathematik und engagierte sich daneben für verschiedene Hilfsprojekte.

Die Atombombe hat er selber nicht miterlebt, aber er setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema auseinander und engagiert sich heute mit Herz und Seele für die Opfer von Atomkatastrophen. Das Büro seines Vereins befindet sich in einem Wohnhaus gleich neben Uchidas Haus in der Ortschaft Fuchu (Präfektur Hiroshima).

Chizuko Uchidas und Hitoshi Kais Bekanntschaft reicht in die frühen 80er Jahre zurück. Damals sammelten sie zusammen mit einer Gruppe von Freunden Artikel über die Gefahren des Atommülls und brachten atomkritische Filme zur Aufführung. Als 1986 die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl geschah, wussten sie, dass sie etwas unternehmen mussten. Uchida erinnert sich:

“Vor Tschernobyl wussten wir schon von den vielen Uranarbeitern, die bei ihrer Arbeit verstrahlt wurden. Und gerade, als wir dachten, dass wir etwas für diese Leute tun sollten, geschah der Reaktorunfall in Tschernobyl. Da haben wir den Junod-Verein gegründet.”

Kai findet es naiv zu glauben, dass man Kriege oder Atomkatastrophen verhindern könne. Viel wichtiger sei es, funktionierende Organisationen ins Leben zu rufen, die nach solchen Katastrophen wirklich helfen können. Daher kritisiere er auch die Friedensbewegungen in Japan:

“Die Atombombe war so schlimm, dass es schon genügte, die Opfer zu beklagen und die Welt hat zugehört. Nur schon die Aussage, dass wir so etwas Schlimmes erlebt haben und deshalb nie mehr so etwas geschehen dürfe, galt als eine Friedensaktion. Es ging nicht darum, etwas zu tun, sondern zu beklagen, dass wir zu Opfern geworden waren. Wenn man also genau darüber nachdenkt, haben wir bisher überhaupt nichts getan.”

Der Junod-Verein ist von Spendengeldern abhängig und arbeitet unter sehr schwierigen Bedingungen. Trotzdem haben seine Mitglieder zumindest in Tschernobyl einiges erreicht. Und nun, nach dem Reaktorunglück in Fukushima, stehen die Mitglieder des Vereins vor der bisher grössten Herausforderung.

Kurz nach dem Reaktorunglück sagte mir Hitoshi Kai am Telefon, dass in der jetzigen Situation die über Jahrzehnte gesammelten Erfahrungen der Hiroshima-Opfer und Hiroshima-Ärzte von grossem Nutzen seien. An diese müsse man nun anknüpfen.